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Ayhan Oran: Vom Fertigungsband in die Führungsebene

Ayhan Oran: Vom Fertigungsband in die Führungsebene

Lesezeit für diesen Artikel: 9 Minuten

Ayhan Oran hat geschafft, wovon viele träumen. Er hat sich vom Bandmitarbeiter bis in die Führungsebene der BSH hochgearbeitet. Wie er das geschafft hat und was er anderen mit auf den Weg geben möchte, lest ihr im Interview.

Ayhan, in welcher Position bist du aktuell für die BSH tätig? 

Seit 2 Jahren leite ich das Global Material Supply Planning Team. Wir stellen die Materialverfügbarkeit für alle Produktionsstandorte der BSH sicher. Dafür verwalten wir mehr als 2.000 Lieferanten und ca. 80.000 Material-Codes in allen Produktionsländern der BSH Regionen.

Das klingt nach einer Position mit viel Verantwortung. Schildere uns doch bitte kurz deinen Werdegang bis hierhin.

Ich bin 41 Jahre alt, komme aus Heidenheim an der Brenz und habe einen multikulturellen Hintergrund. Meine Eltern kamen vor 50 Jahren aus der Türkei nach Deutschland.

Nach der Schule habe ich im Alter von 16 Jahren bei der BSH eine Ausbildung zum Industriemechaniker am Standort Giengen begonnen. Nach Abschluss der Ausbildung startete ich in der Produktion. In den folgenden Jahren war ich in der Fertigung in verschiedenen Aufgabenbereichen tätig, z.B. als Anlagenführer, Staplerfahrer oder als Lackierer in der Nacharbeit. Positiv habe ich in den Jahren erlebt, dass mich meine Vorgesetzten unterstützt haben, meine nebenberufliche Weiterbildung mit meiner Arbeit in Einklang zu bringen.

Nach über 4 Jahren in der Fertigung wurde ich zum Projektmitarbeiter befördert – mit einem eigenen Schreibtisch und E-Mail-Adresse. Das war ein Meilenstein für mich. 

Kurz darauf  wurde ich dann ins Angestelltenverhältnis übernommen. Ich war nun verantwortlich für die Einführung des BSH-Produktionssystems in der Montage-Fertigung. Das hat mich motiviert, noch eine Weiterbildung zum Betriebswirt zu machen. Parallel habe ich sowohl an meinem Türkisch als auch meinem Englisch gefeilt. Sprachen sind sehr wichtig, vor allem wenn man eine internationale Karriere anstrebt. 

2009 wechselte ich dann in den Bereich „Supply Chain“ für den Produktbereich Kälte. Dort hatte ich die Möglichkeit, in einem globalen Netzwerk zu arbeiten. Als Experte für die globale Materialbedarfsplanung hatte ich die Chance, mich in der Abteilung zu positionieren. 

Mein nächstes Ziel war, mich zu einer Führungskraft weiter zu entwickeln. Mein Antrieb dazu war, Dinge zu bewegen, Inhalte zu gestalten und umzusetzen. 2015 wurde ich zum Gruppenleiter für die globale Materialplanung der Kältefabriken ernannt.

Nach 2 Jahren ging meine Reise weiter ins Ausland. 2017 wurde ich Leiter der regionalen Demand and Supply Abteilung in der Türkei. In dieser Rolle war ich für die Region T-MEA-CIS (Türkei, Naher Osten, Afrika und GUS-Staaten) verantwortlich. Es begann eine sehr aufregende und lehrreiche Zeit in einem sehr dynamischen Umfeld.

Anfang 2020 war es dann für mich an der Zeit, nach Deutschland zurückzukehren und die neue  Rolle in der Region Europa anzutreten. 


Was waren die größten Hürden auf deinem Werdegang und wie hast du diese Schritt für Schritt überwunden?

Eine Hürde war, dass ich im Alter von 16 Jahren nicht wusste, was ich beruflich einmal wirklich machen möchte. Also habe ich zu Beginn eine Ausbildung angenommen, für die ich qualifiziert war. Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass meine Stärken an anderen Stellen liegen. Die größte Hürde und Fragestellung für mich war aber, wie ich mich aus dieser Position heraus wieder verändern könnte. Für viele Tätigkeiten ist die Eintrittskarte ein Studium ­– das hatte ich nicht. Mein Arbeitsverhältnis zu unterbrechen war für mich keine Option und ich habe mich daher für eine nebenberufliche Weiterbildung zum Technischen Fachwirt bei der IHK entschieden.

Aber selbst mit dieser Qualifikation in der Tasche hatte ich häufig mit dem Vorurteil zu kämpfen, aus der Fertigung zu kommen und nicht den Abschluss eines Hochschulstudiums vorlegen zu können.  

Mir wurde auch recht früh klar, dass ich ein Netzwerk brauche, das mich unterstützt. Aber wie erarbeitet man sich ein Netzwerk? Wie findet man jemanden, der sich für einen einsetzt und an einen glaubt? Jemanden als „Stakeholder“ zu identifizieren und das Vertrauen zu gewinnen, war eine echte Herausforderung. 

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Ayhan während seiner Ausbildung und heute

 

Wo findet man denn so jemanden, der „mehr“ in einem sieht und der einen als eine Art Mentor unterstützt? Hast du hier einen konkreten Tipp?

Mit 41 Jahren habe ich darauf tatsächlich eine Antwort, heute bin ich ein bisschen schlauer (lacht). Wichtig aus meiner Sicht: Ein Mentor findet dich nicht. Du findest sie oder ihn. Das ist eine wichtige Grundregel. 

Führungskräfte anzusprechen, dazu gehört ganz viel Mut. Gegenseitige Sympathie und ein starker eigener Wille sind weitere wichtige Faktoren. Gegenseitiges Verständnis, Vertrauen und Wertschätzung sind die Basis für einen gemeinsamen Start.

Eine Möglichkeit ist, nach einer Art „Gleichgesinntem“ zu suchen, also jemandem, der z.B. auch über alternative Wege Karriere gemacht hat. Ein potentieller Mentor kann auch jemand sein, den man in einem Meeting sehr positiv erlebt hat oder mit dem man bereits in Projekten gut zusammengearbeitet hat. 

Dann heißt es, mutig sein und das Gespräch suchen. Ablehnungen in diesem Prozess sind ganz normal, aber irgendwann findet man eine Person, die passt.

Also dranbleiben! Was kann ein Unternehmen aus deiner Sicht tun, um die Aufstiegschancen für ambitionierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zumindest gleicher zu gestalten?

Start-ups sind ein gutes Beispiel dafür. Der Fokus liegt hier ganz klar auf den individuellen Stärken der Personen. Ein wichtiges Kriterium dort ist, ob sich jemand in einer schnell wandelnden Welt zurechtfindet und diese aktiv gestalten kann. Auch der verstärkte Blick auf die emotionale Intelligenz, Empathie und die Fähigkeit, Menschen begeistern zu können. 

Im Prinzip sollte jeder, der sich weiterentwickeln möchte und Verantwortung übernehmen will, die Chance dazu bekommen. Unternehmen könnten hier im Auswahlverfahren besser hinschauen und ambitionierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann individuell fördern. 

Ich selbst achte bei neuen Kolleginnen und Kollegen sehr stark darauf, ob sie eine gewisse Leidenschaft für den Beruf – ich nenne es auch „Hunger“ – mitbringen. Darüber hinaus ist gegenseitiges Vertrauen sehr wichtig. Nicht zu vergessen, Spaß bei der Arbeit zu haben und nicht nur an der Arbeit.

Was kann ein international tätiges Unternehmen wie die BSH dafür tun, dass junge Leute weltweit gute Chancen haben sich weiterzuentwickeln?

Ich halte es für wichtig, Führungskräfte dahingehend zu befähigen, dass sie aufmerksam sind. Mit "aufmerksam" meine ich z.B. die Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern für bestimmte Positionen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am besten zum Unternehmensergebnis beitragen können, müssen nicht zwingend diejenigen mit den besten Noten sein. Führungskräfte sollten darauf achten, echte Talente zu erkennen und auf die individuellen Stärken zu schauen. 

Ich empfehle daher, eher die Stärken zu stärken, statt sich auf die Schwächen zu fokussieren. Beides ist wichtig, aber nach meiner Erfahrung ist der Einsatz in den Bereichen, in denen jemand seine Stärken gezielt einsetzen kann, deutlich erfolgsversprechender. 

Bei mir waren es zum Beispiel die Sprachen, Kontaktfreudigkeit und Aufgeschlossenheit. Daher habe ich versucht, meinen „Unique Selling Point“ klar auf Internationalität und Kulturvielfalt auszurichten. Gerade in globalen Abteilungen ist das ein klarer Vorteilsbringer. 

Ähnlich gehe ich bei dem Gewinnen neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. Ich versuche, die Stärken zu identifizieren und herauszufinden, wie der Mensch sein Potential bestmöglich nutzen kann, um zu seinem persönlichen, und somit zum Erfolg des Unternehmens beitragen zu können.

Was möchtest du jemandem an die Hand geben, der aktuell in einer ähnlichen Situation ist wie du damals?

Ich kann nur Mut zusprechen. Ich kann mich gut an meine Zeit in der Fertigung und den Gesprächen in den Pausen erinnern. Einige meiner jungen Kollegen sahen ihre aktuelle Position eher als „Endstation“ statt als Zwischenschritt auf ihrem persönlichen Werdegang. Wenn mehr die Hürden als die Möglichkeiten im Vordergrund stehen, besteht die Gefahr, dass es auf einen selbst abfärbt. Letztendlich haben mich diese Gespräche aber motiviert. Ich wollte allen beweisen, dass man es selbst in der Hand hat und sich immer entwickeln kann, egal wo man gerade steht.

Daher würde ich wirklich jedem, der in einer ähnlichen Situation ist, raten, auf keinen Fall aufzugeben und nicht auf alles zu hören, was andere zu einem sagen. Natürlich sollte man ehrlich gemeintes und hilfreiches Feedback ernstnehmen. Aber die Grenzen der eigenen Entwicklungsmöglichkeit steckt man immer selbst.

Außerdem würde ich jedem raten, sich eine Mentorin oder einen Mentor zu suchen. Dazu braucht es aus meiner Sicht auch keinen offiziellen Rahmen. Ich habe mir immer wieder Personen gesucht, die für mich eine gewisse Vorbildfunktion hatten. Das waren z.B. Menschen, die inspirierend auf mich gewirkt haben. Wie und wo habe ich sie für mich gefunden? In Besprechungen und Projekten habe ich auf Menschen mit guten Vorschlägen und Fragenstellungen, guter Gesprächsführung geachtet. 

Mich begeisterte ein Kollege, der tolle Verhandlungsgespräche auf Englisch führte. Bei den Gesprächen hörte ich sehr aufmerksam zu, merkte mir seine Wortwahl und seine Aussprache. Auf diesem Weg konnte ich mein Englisch deutlich verbessern. Man sollte immer neugierig bleiben und dazulernen wollen. 

Bist du mittlerweile selbst Mentor? Es klingt so, als hättest du eine große Begeisterung für das Thema. 

Tatsächlich habe ich einige Mentees und auch meine erste Coaching- und Mentoring-Ausbildung absolviert. 

Angefangen hat meine Begeisterung für das Mentoring in der Türkei, wo einige Kollegen auf mich zukamen und Ratschläge für Ihre Karriereplanung und persönliche Entwicklung wollten. Wichtig ist mir dabei immer, die Selbstreflexion anzustoßen und den Menschen mitzugeben, dass sie ihre Zukunft selbst gestalten können. 

Gleichzeitig hatte ich ein gutes Team mit einer starken Performance. Diese führe ich zurück auf ein Klima der Befähigung, der Wertschätzung und der Entscheidungsspielräume. Aus meiner Sicht erzeugt Kreativität und Vertrauen deutlich bessere Arbeitsergebnisse. Das wirkt sich positiv nach innen wie nach außen aus.

Wir hatten bei der BSH in der Türkei auch ein individuelles Mentoring-Programm für die Supply Chain Führungskräfte aufgesetzt, um den Coaching/Mentoring-Gedanken zu stärken. Aus meiner Sicht ist es gerade für Führungskräfte sehr wichtig, auch die Unterschiede im Coaching/Mentoring zu verstehen und sich einige grundlegende Techniken für die Praxis anzueignen.

Aber selbst wenn Coaching/Mentoring im Unternehmen institutionell etabliert ist, halte ich es für wichtig, dass der Mentee zum Mentor kommt und nicht umgekehrt. Das ist ein wesentlicher Bestandteil und zeigt die Motivation und Eigenverantwortung. 


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Ayhan auf der Bühne

 

Wie geht es für dich weiter? Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Mir gefällt meine jetzige Rolle sehr gut, aber es gibt noch viel zu tun. Während der Corona- und der Chip-Krise haben wir schwierige Zeiten erlebt, aber wir haben diese Erfahrungen genutzt, um unsere Organisation umzugestalten und uns auf die Zukunft vorzubereiten. Unsere neue Arbeitsweise spiegelt die Notwendigkeit von Agilität in einem sich schnell verändernden Umfeld wider, mit Transparenz, kurzen Reaktionszeiten, schneller Entscheidungsfindung, zügiger Umsetzung und Risikobereitschaft.

Ich bin weiterhin als Coach und Mentor tätig und bilde mich in diesem Bereich weiter. Moderne Führung erfordert Selbstreflexion und das Erkennen von Kernstärken, die über Fachwissen und Erfahrung hinausgehen. Ich bin davon überzeugt, dass unser Unternehmen über ungenutztes Potential verfügt, und es liegt mir am Herzen, verborgene Talente zu entdecken, Menschen zu helfen, ihre ideale Rolle zu finden, und die nächste Generation von Führungskräften vorzubereiten. Aus diesem Grund bin ich Teil des BSH-Talentprogramms Talentify, wo ich andere auf ihrer Talentify-Reise unterstütze. Mein Ziel ist es, das Wachstum einer neuen Generation von außergewöhnlichen Führungskräften zu fördern.

Gibt es etwas, dass du dir selbst vor 25 Jahren gerne gesagt hättest?

Ganz einfach: Mach weiter, das wird schon. Momente der Ablehnung sind ganz normal und gehören auch mal dazu. Wenn man dann kurz einmal den Kopf in den Sand stecken möchte, ist das in Ordnung. Es ist aber wichtig, dass man dann weitermacht, an seine Stärken glaubt und diese nicht aus den Augen verliert. 

Ich würde meinem Ich vor 25 Jahren ein Foto hinstellen und sagen „Glaube an dich, suche deine Möglichkeiten, ergreife die Initiative, nutze die Chancen und finde in jeder Phase deinen Mentor.“

Die BSH Hausgeräte GmbH ist eines der weltweit führenden Unternehmen der Branche und der größte Hausgerätehersteller in Europa. Die individuellen Kundenbedürfnisse der Menschen in allen Regionen der Welt als Antriebskraft, ist es der Anspruch der BSH, mit ihren herausragenden Marken, innovativen Produkten und erstklassigen Lösungen die Lebensqualität der Menschen weltweit kontinuierlich zu verbessern.