Wie Indiens kultureller Schmelztiegel Integration und Zugehörigkeit fördert
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Wie können Führungskräfte und Teams ihre kulturelle Resilienz stärken? Um besser zu verstehen, warum kulturelle Resilienz in der Arbeitswelt so wichtig ist, haben wir mit unseren Kolleg:innen in Indien gesprochen. Hier klicken und mehr erfahren!
Kulturelle Resilienz ist die Fähigkeit von Unternehmen, Teams und Einzelpersonen, mit Veränderungen umzugehen und sich weiterzuentwickeln. Eine vielfältige Belegschaft ist deshalb das größte Kapital eines Unternehmens: Mitarbeitende, die ihre individuellen und vielfältigen Stärken einbringen, verbessern Arbeitsabläufe, Prozesse und Kreativität in jedem Bereich. Doch wie können Führungskräfte und Teams ihre kulturelle Resilienz stärken? Um besser zu verstehen, warum kulturelle Resilienz in der Arbeitswelt so wichtig ist, haben wir uns mit einigen Kolleg:innen in Indien unterhalten.
Mit einer Bevölkerung von über 1,4 Milliarden Menschen* beherbergt Indien eine atemberaubende Vielfalt an Sprachen, Religionen und Bräuchen. Dies macht Indien nicht nur zu einem der kulturell vielfältigsten Länder, in denen man aufwachsen kann, sondern auch zu einem perfekten Ort für die Entwicklung kultureller Resilienz. Die Menschen haben gelernt, ihre Kultur an immer neue Veränderungen anzupassen und gleichzeitig ihre Grundwerte beizubehalten. „In diesem vielfältigen Umfeld aufzuwachsen bedeutet, dass wir ständig neue Perspektiven bekommen, wie wir bestimmte Dinge tun oder besser machen können“, sagt Tanuja Upadhye, Leiterin der Rechtsabteilung der BSH in Indien. Mohan Vijayalaya, UX-Teammitglied aus Bangalore, fügt hinzu: „Wir kommen alle aus verschiedenen Teilen des Landes, daher sprechen viele von uns mehr als zwei Sprachen.“ Die tägliche Arbeit mit Menschen aus verschiedenen Kulturen und mit unterschiedlichem Hintergrund erweitert den Horizont – und hilft dabei, über den Tellerrand hinauszuschauen.
Was bringt Menschen in einem so vielfältigen Umfeld zusammen? „Das Essen verbindet uns! Die indische Küche ist so vielfältig, dass es alle 200 Kilometer ganz andere Gerichte gibt, mit anderen Aromen und anderem Geschmack“, erklärt Adjaz Vakil, Product Marketing Category Lead aus Mumbai. Von cremigem Butterhähnchen auf Tomatenbasis über duftenden Biryani-Reis bis hin zu Dosa, einem knusprigen Pfannkuchen aus fermentiertem Reis- und Linsenteig – die Variationen indischer Gerichte sind endlos. Der Zusammenhang zwischen kultureller Widerstandsfähigkeit und der köstlichen indischen Küche mag manchen verwundern. Die abwechslungsreiche indische Küche steht sinnbildlich für die Vielfalt unserer Mitarbeitenden, die es uns ermöglicht, offen für Veränderungen zu sein und uns weiterzuentwickeln.
Neue Problemlösungsansätze entwickeln
Unterschiedliche Hintergründe können sich in vielerlei Hinsicht manifestieren – von Sprache, Religion, Alter oder Beruf, bis hin zu Essensvorlieben: vegetarisch, vegan, Fleisch, aber kein Schweinefleisch und alles darüber hinaus... Die Teams von Mohan, Tanuja und Adjaz scheinen alles abzudecken. „Ich habe das Glück, Teammitglieder aus dem Süden, Norden, Osten und Westen Indiens zu haben. Noch dazu haben alle unterschiedliche religiöse Hintergründe – Hindu, Muslim, Christ und Sikh“, sagt Adjaz. „Wir haben zudem ganz unterschiedliche Altersgruppen im Team“, fährt Adjaz fort.
„Unsere Praktikant:innen bringen viel Leben und Energie ins Team“, fügt Tanuja hinzu und deutet auf das jüngste Kollegin der Gruppe. „Sie hält mich ganz schön auf Trab“, fügt sie lachend hinzu. Aufgrund der diversen Mischung ist das Team jeden Tag mit ganz unterschiedlichen Perspektiven, Ideen und Vorgehensweisen konfrontiert. Das hilft dabei voneinander zu lernen und neue Problemlösungsansätze zu entwickeln. Auf diese Weise trägt die Vielfalt dazu bei, die Widerstandsfähigkeit zu steigern und Herausforderungen effektiver zu bewältigen.
Vielfalt fördert Authentizität
Kulturelle Vielfalt ermöglicht nicht nur den Zugang zu einem breiteren Spektrum an Perspektiven, Erfahrungen und Praktiken. Sie hilft auch dabei, dass Mitarbeitende neue Fähigkeiten und Ideen entwickeln, und sie verbessert die Teamdynamik und Entscheidungsfindung. Außerdem wirkt sie sich positiv auf die Authentizität von Projekten und Produkten aus. Vor einigen Jahren hatte Adjaz Team zum Beispiel den Auftrag, ein Kochbuch mit Gerichten aus verschiedenen Regionen Indiens zu erstellen. Um dem Buch ein hohes Maß an Authentizität zu verleihen, brachte er Kolleg:innen aus verschiedenen Teilen des Landes zusammen, die ihre individuellen Rezepte beisteuerten: Aus Nord-Indien gab es Gerichte wie „Roti“, „Naan“ und „Paratha“ sowie reichhaltige Currys und Soßen auf Joghurtbasis. Ost-Indien, wo Reis den Grundnahrungsmitteln gehört, fügte der Liste „Machher Jhol“ und „Shorshe Ilish“ hinzu. Hinzu kamen südindische Gerichte wie „Idli“, „Dosa“ oder „Sambar“, die als Basis viel mit Kokos und Gewürzen wie Curryblätter, Senfkörner und Chilischoten arbeiten. Und aus dem Westen, der stark von den Regionen Gujarati, Rajasthani und Maharashtrien beeinflusst wurde, stammen Rezepte für „Dhokla“, „Vada Pav“ und „Thalipeeth“, deren Hauptzutaten Weizen, Hirse und Linsen sind. „Das Buch, das die kulinarischen Traditionen aus allen Teilen des Landes vereint, war ein großer Erfolg“, sagt Adjaz mit einem Lächeln.
Sprache verbindet
Tanuja findet, dass sich Multikulturalität auch auf die eher persönlichen Aspekte der Arbeit auswirkt. Da es in Indien 22 offiziell anerkannte und Hunderte weitere Sprachen gibt, fühlen sich die Menschen meist verbundener, wenn sie eine gemeinsame Sprache sprechen, was den besonderen Wert von diversen Teams zusätzlich unterstreicht. Tanuja erinnert sich zum Beispiel noch gut daran, wie jemand aus ihrem Legal-Team von einem Mitarbeitenden ins Vertrauen gezogen wurde, weil beide zufällig Tamil sprechen. Das Team-Mitglied hatte zu dieser Zeit familiäre Konflikte und suchte Rechtsbeistand. Es war das erste Mal, dass sich die Person frei genug fühlte, um mit einem Anwalt darüber zu sprechen. „Zu wissen, dass sich das Leben eines Menschen verändert hat, weil jemand in unserem Team die gleiche Sprache spricht, das hat mich wirklich berührt“, sagt Tanuja. „Ganz zu schweigen davon, dass die Person der Rechtsabteilung das Vertrauen schenkte, ihr in einer schwierigen Situation zu helfen. Das zeigt uns, wie sehr sich das Team-Mitglied mit dem Unternehmen verbunden fühlt.“
Kulturelle Resilienz bedeutet auch, dass man seiner kulturellen Identität und seinen Traditionen treu bleibt, selbst wenn es schwierig wird – beispielsweise, wenn man an einen neuen Ort zieht oder eine neue Stelle antritt. „Ich denke, dass man sich im Team bewusst darum bemühen muss, die Leute an Bord zu holen, indem man eine gemeinsame Sprache wie Englisch spricht“, berichtet Mohan aus seiner Erfahrung. Tanuja weist jedoch darauf hin, dass die Kommunikation innerhalb ihres Teams nie ein Thema war: „Wenn überhaupt, dann bringen uns unsere Unterschiede näher zusammen. Wir probieren verschiedene Küchen aus und feiern verschiedene Feste. Das hat immer Spaß gemacht.“
Aufgeschlossen für unterschiedliche Kulturen sein
„Wenn man sich abwechslungsreich ernährt, ist man offen dafür, neue Dinge auszuprobieren und andere Kulturen durch ihre Küche kennenzulernen. Ähnlich verhält es sich mit kultureller Resilienz: Man ist offen dafür, andere kulturelle Praktiken und Überzeugungen kennenzulernen und zu akzeptieren“, unterstreicht Tanuja. Beides setzt die Bereitschaft voraus, aus der eigenen Komfortzone herauszutreten und offen für neue Erfahrungen zu sein. Das trägt zu einem tieferen Verständnis und einer größeren Wertschätzung für andere Kulturen bei, was wiederum dazu führen kann, Einigkeit und Respekt zwischen den verschiedenen Gruppen am Arbeitsplatz zu fördern.
Eine vielfältige Arbeitskultur setzt voraus, dass man sich auf die köstlich unterschiedlichen „Geschmäcker“ einlässt, die jedes Team zu bieten hat. Mitarbeitenden zu ermöglichen, so zu sein, wie sie sind, hilft ihnen, sich gesehen zu fühlen und schafft ein Gefühl von Zugehörigkeit. Für Adjaz, Mohan und Tanuja ist Essen eine großartige Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen und die kulturelle Resilienz ihres Teams zu stärken: Sie teilen ihre Lieblingsgerichte, probieren neue Speisen aus und feiern ihre Unterschiede, während sie die Gemeinschaft am Arbeitsplatz festigen. Das erhöht den Spaßfaktor bei der Arbeit und ermöglicht es, voneinander zu lernen und miteinander zu wachsen. Kulturelle Vielfalt ist daher definitiv ein Gewinn für die BSH.
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*https://data.worldbank.org